Palma de Mallorca, 13.07.1999

gau. Medaillen zu gewinnen, kann manchmal auch nach dem eigentlichen Wettkampf ganz schön anstrengend sein. Und eine ziemlich feuchte Angelegenheit dazu. So sah es Cedric Leroy gar nicht ein, daß er nach Überreichung der Goldmedaille ins Wasser befördert wurde, während Kollegin Romy Kinzl, die bei den Frauen Silber geholt hatte, ungeschoren davonkommen sollte. Also packte der Franzose die Windsurferin vom Yacht-Club Berlin Grünau und sprang mit ihr ins Hafenbecken von Calanova.

Die 20jährige Sport- und Englisch-Studentin trug´s mit Fassung, tauschte die nassen Klamotten erstmal gegen ein trockenes T-Shirt und versicherte dann, "sehr zufrieden" mit ihrem zweiten Rang zu sein. Zweimal in den zwölf Einzelrennen der Universiade von Palma de Mallorca gelang es ihr zwar, die Siegerin Justine Gardahaut aus Frankreich zu besiegen, aber letztendlich war der Vorsprung auf die Holländerin Stalman weitaus geringer als der Abstand zu Gardahaut.

Mehr Grund, mit dem Schicksal zu hadern, hatte Vereinskollege Alexander Baronjan. Gerade mal zwei Wochen alt war sein Mistral-Brett, und doch zog es während der sechs Wettkampftage soviel Wasser, daß es rund eineinhalb Kilogramm schwerer wurde. "Bei dem schwachen Wind, der hier herrschte", erklärte Baronjan etwas gefrustet, "hat man dann keine Chance mehr." So kam er über einen enttäuschenden sechsten Rang nicht hinaus.

"Wenn man solche Materialprobleme hat, dann ist man im Kopf nicht frei", zeigte Martina Rost, die Disziplinchefin Windsurfen aus Berlin, Verständnis. "Vor der Universiade habe ich deren Stellenwert nicht so hoch eingeschätzt", räumt Baronjan ein, "aber es war wirklich eine schöne Veranstaltung, wie eine kleine Olympiade, die im Verlauf des Wettbewerbs immer wichtiger für mich geworden ist."

Umso größer war dann der Ärger übers mangelhafte Material. Zumal Probleme mit den in Malaysia produzierten One Design-Brettern von Mistral keine Seltenheit sind. "Schon das dritte Mal, daß eines am Arsch ist", drückte sich Baronjan ziemlich deftig aus. Das Dilemma: Auf den Brettern von Mistral, so wurde vor drei Jahren beschlossen, wird in Sydney um olympisches Edelmetall gefahren. Ein dickes Geschäft, rund 25.000 der Sportgeräte wurden mittlerweile weltweit verkauft. Trotzdem läßt die Produktpflege offensichtlich zu wünschen übrig.

Um bei der Olympiade 2000 mit von der Partie zu sein, worauf beide Berliner Universiade-Teilnehmer hoffen, müssen sie daher auf dem Mistral-Brett schnell unterwegs sein. So schnell, daß es bei der Europameisterschaft im nächsten Monat in Polen zumindest zu einem Platz unter den ersten Acht reicht, der Olympia-Norm. Daß beide optimale Bedingungen vorfinden, ist ausgeschlossen. Während Baronjan am liebsten bei wenig Wind fährt, bevorzugt Kinzl eine steifere Brise. So wäre es eine Überraschung, wenn der Yacht-Club mit zwei Windsurfern in Australien vertreten wäre.

Dem großen Ziel ordnen beide einiges unter. Die Zeiten der "Party-Sportart" seien längst vorbei, betont Baronjan. Vier Stunden Wassertraining täglich und deren zwei für Ausdauer und Kraft seien Standard. Dazu kommen die Fahrten zu den Wettkämpfen. Rund 200 Tage im Jahr sei sie unterwegs, erklärt Kinzl, während der Zeit in Berlin habe dann die Uni Priorität. Baronjan kommt sogar auf 300 Tage und hat sein Mathe- und Erdkunde-Studium erstmal "auf Eis gelegt".

Immerhin: Bei der Universiade hatte Kinzl zwar die Nase vorn. Aber eines hat der amtierende deutsche Meister seiner Kollegin voraus: Neben Klub, Verband und den Eltern erhält er auch finanzielle Unterstützung von seinem Sponsor HGK. Ein solcher Geldgeber fehlt Romy Kinzl: "Ich bin noch auf der Suche." Es könnte sein, daß die Silbermedaille von Mallorca dabei Gold wert ist.