Kaiserslautern, 24.08.1998

gau. Friedel Rausch (58), inzwischen der zweitälteste Bundesliga-Trainer, vor dem Abstieg vom 1. FC Kaiserslautern gefeuert und nun Retter von Borussia Mönchengladbach, zeigte sich großzügig. Wie vor vier Monaten (2:3) gab's zwar auch diesmal eine Niederlage (1:2) seiner Gladbacher, aber Rauch sagte: "Letztes Mal haben wir hier unglücklich verloren, diesmal verdient."

Für den neutralen Beobachter gab es vor allem einen Unterschied zwischen dem Spiel am 24. April und der Neuauflage vom Samstag: Damals war's ein hochklassiger Kampf, diesmal ein eher langweiliger Durchschnittskick. Die Spannung beschränkte sich auf die letzte Spielminute. Wagner (42.) und Marschall (63.) hatten den deutschen Meister in Führung gebracht, Asanin für den späten Anschlußtreffer gesorgt (83.).

Dann verlor der diesmal schwache Marco Reich den Ball gegen Ketelaer, aber nach dessen Flanke scheiterte Sopic mit seinem Schüßchen aus kurzer Distanz an Torwart Reinke. Abgesehen vom Tor war das die einzige Gladbacher Chance im zweiten Durchgang. Vor der Pause hatte Toni Polster den Ball zweimal halbwegs gefährlich in Richtung Tor befördert, ohne daß Reinke eingreifen mußte. Mehr ging nicht, die Abwehr des Meisters war diesmal ein Bollwerk.

Errichtet von zwei Ägyptern: Libero Hany Ramzy und Samir Ibrahim als Bewacher von Pettersson. "Die beiden unterhalten sich in ihrer Sprache", sagte Axel Roos, "und ab und zu übersetzt Ramzy mal was." Ein Libero, der ohne viele Worte auskommt, ist für die Kollegen nichts Neues. Miroslav Kadlec, nach zwei Meisterschaften mit Kaiserslautern eine Art Legende auf dem Betzenberg, war als großer Schweiger bekannt. Da macht es nichts, daß sich Ramzy zunächst mal vor allem um seinen Landsmann kümmert.

"Am Anfang ist es schwer", weiß er aus eigener Erfahrung bei Werder Bremen, "in Kairo wird ein anderer Fußball gespielt. Samir hat es jetzt nicht einfach." Aber immerhin einfacher als Ramzy vor vier Jahren. Die Methode von Trainer Otto Rehhagel, neben dem Libero der ägyptischen Nationalmannschaft mit Ramzy zugleich einen Dolmetscher und Ansprechpartner sowie eine Alternative für die Position des letzten Mannes zu verpflichten, hat sich bewährt.

"Seit fünf Jahren spiele ich zusammen mit Samir in der Nationalmannschaft und wir wohnten immer in einem Zimmer", sagt Ramzey, "wir sind wirklich gute Freunde, auch außerhalb des Stadions." Eine Harmonie, auf die Rehhagel großen Wert legt. Und die offensichtlich wichtiger sein kann, als zum Beispiel körperliche Fitneß.

Wie beim Saisonauftakt bei 1860 München kam der Meister in den letzten zwanzig Minuten auch gegen die harmlosen Gladbacher kräftig ins Schwimmen. "Es reicht nicht", bemängelte Rehhagel, "eine Stunde gut zu spielen und dann von einer Ohnmacht in die andere zu fallen." Das Nachlassen in der Schlußphase ist vielleicht eine Folge der kürzesten Vorbereitung aller Bundesligaklubs. In nur fünf Wochen versuchte Rehhagel, seine Mannschaft auf Vordermann zu bringen.

Aber was anderen Trainern vorgeworfen würde, ist bei Rehhagel selbstverständlich Kalkül. "Es kann schon sein, daß man die geringe Vorbereitung am Anfang der Saison merkt", räumte Roos ein, "aber durch die Champions League kommt eine hohe Belastung auf uns zu. Da ist es nicht ratsam, schon am Anfang volle Pulle zu gehen."

Langsam ins Rollen kommen, ist also angesagt in der Pfalz. Trotzdem steht der Titelverteidiger schon wieder fast ganz oben. Gerade mal ein Törchen mehr haben die Bayern als Top-Favorit und Tabellenführer bisher erzielt. Die Stimmung könnte besser nicht sein rund um den Betzenberg.

"Sechs Punkte aus zwei Spielen, was will man mehr", strahlte Präsident Hubert Keßler und träumte angesichts der kommenden Auslosung zur Champions League schon mal vom ganz großen Fußball: "Ein Knaller wie Real Madrid, Juventus Turin oder Ajax Amsterdam, das wäre gut."

Auch in der kleinsten Bundesliga-Stadt ist die nationale Meisterschaft nur noch das Sprungbrett zu höheren Weihen.