Quagadougou. (gau) Philippe Troussier wirkte in höchstem Maße erstaunt. Was er gefühlt habe, hatte einer gefragt, als 30.000 im „Stade du 4 Aôut“ seinen Namen riefen. Für einen Sekundenbruchteil, der Ewigkeiten zu dauern schien, musterte der Franzose sein Gegenüber. „Das“, belehrte er den Unwissenden dann, „das ist nichts Neues für mich.“ Der sehr überraschende Einzug Burkina Fasos ins Halbfinale der Afrikameisterschaften, will Troussier (42) damit sagen, ist bloß eine Fortsetzung seiner achtjährigen Erfolgsgeschichte als Trainer in Afrika.

Am 12.Dezember 1989 landete er in Abidjan, um auf Betreiben seines College-Freundes Roger Quégnin, inzwischen Vereinspräsident von ASEC Mimosas, den Top-Klub der Elfenbeinküste zu trainieren. Drei Jahre und 103 ungeschlagene Spiele später, während denen ASEC alle nationalen Titel gewann, hatte Troussier seinen Ruf als „Le Sorcier Blanc“, als „Weißer Zauberer“, weg.

Er übernahm die Nationalmannschaft der Elfenbeinküste, aber nach zwei – erfolgreichen – Spielen in der WM-Qualifikation hatte Verbandspräsident Ousseynou Dieng die Schnauze voll. „Lieber nicht für die WM qualifizieren, als sich mit Troussiers Arroganz abfinden“, erklärte er. Er bekam, was ihm lieber war: Die Elfenbeinküste fehlte in den USA.

Bei der nächsten Station als Trainer der Kaizer Chiefs erklärte Klubbesitzer Kaizer Motaung nach kurzer Zeit, er könne nicht länger für Troussiers Sicherheit in Südafrika garantieren. Der Franzose heuerte daraufhin bei Crédit Agricole in der zweiten marokkanischen Division an, um bis ins Halbfinale des Verbandspokals vorzustoßen. Mit FUS Rabat, dem Klub des marokkanischen Königs Hassan II., holte er im Jahr darauf diese Trophäe und stand im Viertelfinale des CAF-Cups, vergleichbar mit dem UEFA-Pokal.

Das prädestinierte ihn dazu, Afrikas beste Fußballer zu übernehmen. Mit Nigeria qualifizierte sich Troussier weltweit als erstes Team für die WM in Frankreich – den Verantwortlichen allerdings nicht glanzvoll genug. So ist jedenfalls die offizielle Version. Es ist jedoch ein offenes Geheimnis, daß nigerianische Verbandsfunktionäre ihren Trainern gerne Zettelchen mit der Mannschaftsaufstellung reichen. Bei Troussier natürlich ohne Erfolg.

Also fackelte er angesichts des Hin und Her bei der Verlängerung seines Sechs-Monats-Kontraktes nicht lange, übernahm Burkina Fasos Team für die Afrikameisterschaften im eigenen Land und sorgte zügig für Empörung, als er Mamadou „Bebeto“ Zongo (17) nicht ins 22-köpfige Aufgebot berief. Der Stürmer, gerade Spieler des Jahres in Burkina Faso und mit ASEC Mimosas Landesmeister, Pokalsieger und bester Torschütze der Elfenbeinküste geworden, sei „nach einer Verletzung noch nicht wieder völlig fit“, ließ der Sportminister Burkinas diplomatisch wissen. Zongo sei nicht verletzt, sondern passe einfach nicht in sein Konzept, widersprach Troussier.

Vom biederen Rest der Truppe hat der Coach außerdem keine Schmälerung seines persönlichen Ruhmes zu erwarten. Im ehemaligen Obervolta ist Troussier, der als Aktiver nur ein mäßig erfolgreicher Kicker der französischen zweiten Division war, nun in der Achtung der Massen längst vom „Zauberer“ zum gottähnlichen Wesen aufgestiegen. Nur zum Vergleich: Daß die Durchschnittskicker, die beim letzten Afrikacup sang- und klanglos ausschieden und alle Spiele der WM-Qualifikation verloren, nun im Halbfinale stehen, ist eine weit größere Sensation als Eintracht Triers Erreichen des DFB-Pokal-Halbfinales.

Er habe in Burkina „eine Mission zu erfüllen“, hat Troussier pathetisch erklärt. Sollte ihn diese heute abend durch einen Sieg über Ägypten ins Endspiel führen – und zuvor Südafrika die Demokratische Republik Kongo schlagen, dann würde Troussier am Samstag kurioserweise gegen das Team um den Afrikacup spielen, das er am Sonntag als Trainer übernimmt. Mit der „Bafana Bafana“ will er im Juni in Frankreich das nächste Zauberstück aufführen.